Die Zukunft der Volksparteien
DiensTalk vom 23.10.2012
„Den Spaß an der Politik vermitteln“
„Haben die Volksparteien noch Zukunft?“, war die Kernfrage des zweiten DiensTalks der Herbstsaison 2012, zu der Gastgeber ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner eine hochkarätige Runde am Podium versammeln konnte. Über die Zukunft der etablierten Volksparteien diskutierten der Politikwissenschaftler Dr. Daniel Dettling aus Berlin, Dr. Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie der ÖVP, Dr. Viola Neu, von der Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU und der Politikwissenschaftler Dr. Anton Pelinka.
Schon vorab beantworteten mehr als 300 Befragte eine Online-Umfrage der ÖVP zur Zukunft der Volksparteien. Das Ergebnis: Rund 57 Prozent glauben, dass es Großparteien in Österreich immer geben wird, weil sie zur politischen Kultur gehören. Knapp 43 Prozent sind der Meinung, dass die Zeit der Großparteien vorbei ist und dass es stattdessen in Zukunft mehr und dafür kleinere Parteien geben wird.
Die Ursache für die schwindende Zustimmung für die etablierten Großparteien sieht Politikwissenschaftler Anton Pelinka unter anderem im Versuch, “allen alles sein zu wollen”. Vielmehr glaubt Pelinka, dass die Zeit, in der ÖVP und SPÖ gemeinsam bei Wahlen 90 Prozent der Stimmen hinter sich vereinigen konnten, lange vorbei ist. “Wer versucht in alle Nischen zu kommen, läuft Gefahr am Ende zwischen den Stühlen zu sitzen und übrig zu bleiben.” Dies bedeutet laut Pelinka zwar nicht, dass die beiden etablierten Großparteien untergehen werden, jedoch werden sie auch nicht mehr jene Werte erreichen, die sie in den 50er und 60er Jahren hatten.
Gerade in der Vielfalt sieht jedoch der Berliner Politikwissenschaftler Daniel Dettling eine Chance für unsere Parteien. “Die Zukunft liegt im Diversity-Gedanken, also in der Vielfalt. Jene Partei, die sich auf diese Vielfalt einstellen und dementsprechende Angebote liefern kann, hat auch Zukunft.” Aus dieser Vielfalt der Interessen eine Gemeinsamkeit zu formen, sei die große Herausforderung, vor der Parteien heutzutage stehen.
Auch Dietmar Halper, Direktor der politischen Akademie der ÖVP sieht die Großparteien nicht am Ende. “Die Diskussion über das Ende der Großparteien begleitet uns seit den frühen 70er Jahren. Die ÖVP ist immer noch eine Großpartei, wenn man sieht, dass wir vier der neun Landeshauptleute, 51 Nationalräte und den überwiegenden Teil aller Bürgermeister und Gemeinderäte in Österreich stellen.” Eine breite Basis auf der man aufbauen könne, ist Halper überzeugt. Momentan sei es für eine Großpartei wie die ÖVP aber schwierig, die eigenen inhaltlichen Konturen zu schärfen, wenn man gleichzeitig in einer Koalition die Harmonie leben müsse.
Für Viola Neu von der Konrad Adenauer Stiftung in Berlin liegt ein Erfolgsrezept für Parteien vor allem darin, wieder den Spaß und die Freude zu vermitteln, die die politische Mitgestaltung ausmacht. “Politische Parteien sind exklusiv. Sie können etwas bieten, dass sonst keiner bieten kann, nämlich Politik!” Politische Parteien müssten deshalb wieder lernen, politische Inhalte anzubieten und interessant zu machen. “Die Möglichkeit, Leute zusammen zu bringen, die politisch mitgestalten wollen, haben nur Parteien. Diese Chance sollten sie nutzen und wieder mehr Freude an der Politik vermitteln.” Dazu notwendig sei es auch, auf altgediente Rituale wie eingefahrene Sitzungsabläufe zu verzichten und stattdessen politische Inhalte und Persönlichkeiten in den Mittelpunkt zu stellen”, empfiehlt Neu.
Ein Rat, der in der anschließenden Publikumsdiskussion ausgiebig befolgt wurde, in der die zahlreichen Veranstaltungsbesucher die Möglichkeit erhielten, ihre Meinungen und Ansichten mit den anwesenden Referenten und Verantwortungsträgern auszutauschen.
Diese Möglichkeit wird auch beim nächsten DiensTalk am 30. Oktober bestehen. Dann wird das “Pensionsdilemma” diskutiert. Die Frage, ob wir in Zukunft bis zum 67. Lebensjahr arbeiten müssen, werden dann unter anderem der bekannte Pensionsexperte Prof. Bernd Marin und der Vorsitzende des ÖGB Steiermark, Horst Schachner, beantworten.