HEER LOS = WEHRLOS? Berufsheer vs. Wehrpflicht
DiensTalk vom 16. Oktober 2012
„Heute diskutieren wir über Dinge, über die wir uns einig sein sollten, die in der Verfassung stehen und worüber die Bevölkerung dennoch im Jänner im Rahmen einer Volksbefragung entscheidet.“ Mit diesen Worten eröffnete Gastgeber ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner den ersten DiensTalk im Herbst. „Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres? Oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?“ Diese konkrete Fragestellung, über die die Bevölkerung am 20. Jänner 2013 abstimmen wird, hat die Steirische Volkspartei schon vorab auf der DiensTalk-Homepage gestellt. Und das Ergebnis: 58 % der über 600 Stimmen sprachen sich für die Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes aus. 42% der Teilnehmer sind für die Einführung eines Berufsheeres bzw. bezahlten Sozialjahres.
Berufsheer verursacht enorme Mehrkosten
Im Zuge der zeitweise hitzigen Debatte stellte Generalmajor Heinrich Winkelmayer, Präsident der Offiziersgesellschaft Steiermark, deutlich klar: „Sollten wir in Österreich auf ein Berufsheer umsteigen, können wir beim Bundesheer nicht mehr das leisten, was wir derzeit leisten. Das ist unmöglich!“ Er spielte damit auf die enormen Mehrkosten eines Berufsheeres an. Brigadier Gerald Karner setzte dem entgegen: „Wenn die Wehrpflicht bleibt, muss auch diese reformiert werden und das kostet auch einiges.“ Außerdem würde ein Berufsheer langfristig auch ökonomisch sein, verwies Karner auf die derzeitigen Ausbildungskosten der Rekruten von 500 Millionen Euro. Von dieser enormen Summe wollte Winkelmayer nichts wissen: „Das ist schon wieder eine neue Zahl!“
Caritas-Präsident Franz Küberl konzentrierte sich in seiner Stellungnahme auf den Zivildienst: „Gibt es diesen nicht mehr, brauchen wir ein freiwilliges soziales Jahr, dafür soll ein Mindestlohn oder ein Taggeld bezahlt werden.“ Brigadier i.R. Josef Paul Puntigam machte darauf aufmerksam, dass „die Freiwilligkeit in Österreich nicht diese Ausprägung hat, wie in anderen Staaten. Wir sind keine Deutschen und dürfen das auch nicht gleich setzen!“
Berufsheer nur mit NATO-Beitritt
Eine Stimme aus dem Publikum griff einen ganz anderen Aspekt auf: „Es wird immer wieder gesagt, 21 Staaten sind bereits erfolgreich auf ein Berufsheer umgestiegen, was nur jeder verschweigt ist, 20 dieser 21 Länder sind bei der NATO. Und das bedeutet, wenn die NATO befiehlt so viele Soldaten müssen jetzt nach Afghanistan, dann heißt es Abmarsch, und das wünschen wir unserer Soldaten nicht wirklich.“
Die Moderatorin Gisela Hopfmüller hatte Mühe die zahlreichen Anfragen und Stellungnahmen aus dem Publikum im Zaum zu halten. Auch der nächste DiensTalk am 23. Oktober widmet sich einem zukunftsträchtigen Thema mit hochkarätigen Podiumsdiskutanten. Über die „Zukunft der Volksparteien“ diskutieren der Politikwissenschaftler Daniel Dettling aus Berlin, Dietmar Halper, Direktor Politische Akademie der Österreichischen Volkspartei, Viola Neu von der Konrad-Adenauer-Stiftung und Politikwissenschaftler Anton Pelinka.