WIE UNS DIE ALTEN SUNGEN …
Wenn die Politik aus dem Ruhestands-Off kommentiert wird
DiensTalk vom 29. November 2011
Höhepunkt der aktuellen DiensTalk-Saison war die Diskussion über die zahlreichen aktuellen politischen Initiativen von ehemaligen Politikern, von Hannes Androsch bis Andreas Wabl. Diese manifestierten sich im jüngst abgehaltenen Bildungsvolksbegehren, das mit 383.000 Unterschriften jedoch weit hinter den Erwartungen blieb. Grund für DiensTalk-Erfinder Bernhard Rinner, der Frage auf den Grund zu gehen, ob die „Muppets der österreichischen Innenpolitik“ bloße Kommentatoren sind, oder zu Mitspielern werden.
Am Podium diesmal:
NRAbg. Werner Amon, MBA, Klubobmannstv. und Bildungssprecher der Österreichischen Volkspartei
Dr. Thomas Hofer, M.A., Politikberater
Univ.-Prof. Dr. Bernd Schilcher, ehem. Landtagsabgeordneter und Klubobmann der Steirischen Volkspartei
Andreas Wabl, ehem. Nationalratsabgeordneter und Klubobmann der Grünen
„Das gefährliche an den alten Männern ist, dass sie nichts mehr zu verlieren haben“, leitete Gisela Hopfmüller die Diskussion mit einem Zitat von Sir Peter Ustinov ein. Der Politikberater Thomas Hofer sieht eine allgegenwärtige „Muppetisierung der österreichischen Innenpolitik“. Hugo Portisch erklärt uns, wie die Europapolitik funktionieren soll. Erhard Busek erklärt der ÖVP, was zu tun ist. Hannes Androsch und Ferdinand Lacina tun das für die SPÖ, Andreas Wabl sagt den Grünen, was sie falsch machen. Dafür weiß Gerd Bacher, wie der ORF zu führen ist und Claus Raidl und Frank Stronach machen die bessere Wirtschaftspolitik. Den Grund für dieses Phänomen sieht Hofer in einem Vakuum in der Politik selbst. „Wir haben derzeit 25 Kommentatoren, die auf der Loge sitzen und zwei überforderte Hauptdarsteller – Faymann und Spindelegger – auf der Bühne.“
Zeit des Stillstandes zum Nachdenken nutzen
Der ehemalige Politiker und Bildungsexperte Bernd Schilcher sieht die derzeitige Situation naturgemäß aus einer anderen Perspektive. „Wir sind diejenigen, die auf der Bühne agieren. Faymann und Spindelegger sitzen in der Loge und schauen zu“, beschreibt Schilcher sein Bild des „politischen Stillstands in Österreich“. Auch der Grüne Ex-Politiker Andreas Wabl ortet einen Stillstand in der österreichischen Politiklandschaft. „Dass ÖVP und SPÖ nichts weiterbringen, überrascht mich ja nicht. Aber selbst bei den Grünen ist die Bewegung verloren gegangen. Wir leben in einer Zeit des Stillstands, an der wir in vielerlei Hinsicht unsere Grenzen erreicht haben. So eine Zeit des Stillstands sollte aber zum Nachdenken genutzt werden und gerade da können wir Älteren einen wertvollen Beitrag leisten.“ Dazu seien aber demokratische Plattformen notwendig, die auch außerhalb des Parteienspektrums agieren und Menschen zum Mitgestalten motivieren können.
Werden Bildungsvolksbegehren Ernst nehmen
Werner Amon, stellvertretender Klubobmann der ÖVP im Nationalrat, kann den Aussagen der älteren und pensionierten Politgeneration wenig abgewinnen. „Diese absoluten Aussagen in Richtung Stillstand sind abzulehnen, weil sie einfach nicht stimmen. Die österreichische Politik bringt sehr wohl zahlreiche Initiativen auf den Weg, gerade in Sachen Bildung wurde bereits viel umgesetzt. Natürlich gibt es auch Probleme, an denen wir arbeiten müssen, was wir auch tun. Aber zu sagen, es herrsche Stillstand und die aktive Politikergeneration mache gar nichts richtig, ist einfach falsch“, so Amon, der sich durch die enttäuschende Unterstützung des Bildungsvolksbegehrens bestätigt sieht. Dennoch müsse man alle Initiativen und jede Unterschrift ernst nehmen, was das Parlament auch tun werde.
Mehr politische Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger
Einen konkreten Vorschlag für mehr politische Beteiligung der Bürger brachte Politikberater Hofer ein. Er sprach sich dafür aus, dass jedes Volksbegehren ab einer bestimmten Anzahl an Unterstützern zu einer Volksabstimmung führen sollte. Ein Vorschlag dem auch die anderen Diskutanten etwas abgewinnen konnten, wenn die Rahmenbedingungen richtig gewählt sind. So sprach sich Andreas Wabl ebenfalls für mehr Möglichkeiten der politischen Mitbestimmung aus. Jedoch müsse bei Volksbegehren zum Beispiel darauf geachtet werden, dass diese auch inhaltlich abstimmungsfähig seien. So müssten Volksbegehren so formuliert sein, dass die auch als Gesetz umsetzbar seien und sollten daher vorher mit dem Nationalrat akkordiert werden.
Als Ergebnis der Diskussion waren sich Diskutanten und Publikum darüber einig, dass mehr Bürgerbeteiligung am politischen Entscheidungsprozess in Österreich das Gebot der Stunde sei.
Der DiensTalk zeigt bereits seit dem Jahr 2007 einen Weg auf, wie das erfolgreich funktionieren kann. Auch im Jahr 2012 wird der DiensTalk wieder regelmäßig die heißen Eisen in Politik und Gesellschaft anpacken und thematisieren.
Fotos: STVP/Kowatsch