DiensTalk: ÖSTERREICH ZUKUNFTSREICH?
DiensTalk vom 11. Oktober 2011
„Steckt das politische System in Österreich in einer unüberwindbaren Krise?“, fragte Gastgeber und ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner die Gäste des ersten DiensTalks der Herbstsaison 2011. Am Podium vertreten waren der Meinungsforscher Peter Hajek, der Verfassungsrechtler und Politologe Klaus Poier und die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle.
Österreich als Land der “Resignationsbürger”.
Darüber, dass es eine politische Krise in Österreich gibt, waren sich die Diskutanten schnell einig. Politikwissenschaftlerin Hämmerle ortet deren Ursache in der Untätigkeit der politischen Parteien. “Die Politik hat auf tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft nicht reagiert. Dies begünstigt die Entstehung anderer politischer Initiativen und Plattformen, da sich die Bevölkerung enttäuscht von der Parteipolitik abwendet.”
Davon dass die “Wutbürger” künftig das politische Geschehen in Österreich beherrschen würden, könne man aber nicht sprechen. “In Österreich gibt es keine Wutbürger, sondern vielmehr Resignationsbürger”, konstatierte der Politologe Klaus Poier. “Vor allem unter den Jungen herrscht keine Revolutionsstimmung sondern vielmehr Resignation und Desinteresse.” Dass vor allem die Jugend politikverdrossen ist, wollte Meinungsforscher Peter Hajek so nicht bestätigen. “Es gibt ein Interesse der Jugend an Politik. Jedoch ist dieses auf Sachthemen bezogen, die die eigene Lebenswelt betreffen und zeitlich begrenzt”, so Hajek. Das Interesse sich dauerhaft an eine Partei und deren Ideologie zu binden gehe hingegen spürbar zurück.
Mehrheitswahlrecht und Stärkung der direkten Demokratie als Lösungsansätze
Dazu welche Wege es aus dem politischen Stillstand gibt, waren die Ansätze unter den Diskussionsteilnehmern unterschiedlich. Klaus Poier forderte mehr Entscheidungsfähigkeit für unser politisches System, die etwa durch die Einführung eines minderheitenfreundlichen Mehrheitswahlrechts erreicht werden könne. Hajek wiederum sprach sich für eine Begrenzung der Legislaturperioden für politische Entscheidungsträger aus. “Das Beispiel der steirischen Reformpartnerschaft zeigt, dass das absehbare Ende der eigenen politischen Karriere Politiker vom Gedanken an die nächste Wahl befreit und Entscheidungsfreudigkeit und Reformwille damit zunehmen.” Kathrin Stainer-Hämmerle schlug die Verbreiterung der Entscheidungsebenen und die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in der Politik vor. “Warum soll ein Landtag nicht aus 200 Abgeordneten bestehen, die größtenteils ehrenamtlich agieren? Diese könnten direkt gewählt werden, was den Partizipationsgedanken in der Politik entscheidend stärken würde.”
Vorgezogene Nationalratswahlen unwahrscheinlich
Einig war man sich am Podium darüber, dass die Wahrscheinlichkeit einer vorgezogenen Nationalratswahl gering ist. Keine der derzeit im Parlament vertretenen Parteien könne angesichts der derzeitigen Politikkrise ein Interesse an vorgezogenen Wahlen haben.
Fotos: rothwangl_photography