DiensTalk: WISSEN.SCHAFFT.BILDUNG
DiensTalk vom 5. April 2011
Es sei gelungen, zum DiensTalk-Thema „Bildung“ einige „Kapazunder“, die sogar anderweitige Termine verschoben hätten, als Podiumsgäste zu gewinnen, begrüßte LGF Mag. Bernhard Rinner Wissenschaftsministerin Univ.-Prof. Dr. Beatrix Karl, Univ.-Prof. Dr. Alfred Gutschelhofer (Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz), Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle (Rektor der Medizinischen Universität Graz) und Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hans Sünkel (Rektor der Technischen Universität Graz).
Bildung ist ein daueraktuelles Thema. Wissen schafft nicht nur Bildung. Wissen schafft auch Innovation und Arbeit und daher Zukunft. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang lautet allerdings Qualität. Und dafür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um ein besseres Input-Output-Verhältnis und mehr Exzellenz zu erreichen.
Bildungshunger wecken!
Hans Sünkel stellt fest, dass die Aufforderung „Stay hungry!“ betreffend die Bildung in unserer Gesellschaft nicht mehr präsent sei. Diesen „Hunger auf Bildung“ müssten wir unserer Jugend wieder mit auf den Weg geben. Und zwar nicht beginnend, wenn sie mit 18 Jahren die Universitäten betreten, sondern schon viel früher. Je mehr der Begriff Wissensgesellschaft in den Mund genommen wird, umso weniger ist sich die Gesellschaft der Bedeutung des Begriffes bewusst. Das beginnt schon bei den Lehrenden. In den Universitäten gibt es Forschung und Lehre. Vor dem Jahr 2000 wurde von Forschungsleistung gesprochen, gleichzeitig von Lehrbelastung. „Als ich Rektor wurde, habe ich diese Diktion entfernt, seitdem sprechen wir von Lehrleistung und verstehen damit Lehre und Leistung auf gleicher Höhe“, berichtet Sünkel.
Bildung ist selbstverständlich geworden. Der Wert der Bildung muss steigen!
Rektor Josef Smolle hält zur Aussage Liessmanns fest, dass wenn dieser Satz tatsächlich zutrifft, es eine Bankrotterklärung für unsere Gesellschaft wäre. „Früher war Bildung das ganz hohe Gut, das man versucht hat zu erreichen. Das ist für uns schon selbstverständlich geworden.“ Ein toll absolviertes Studium sei heute keine Arbeitsplatzgarantie mehr, stellt Smolle schließlich fest. „Wenn man das Bewusstsein schaffen kann, dass diese Dinge etwas wert und nicht selbstverständlich sind, dann würde der Wert der Sache steigen.“
Systemumstellung notwendig
„Wir bilden junge Leute bis 25 aus und dann geben wir sie ab. Zur Pension nehmen wir sie wieder zurück.“ stellt Rektor Alfred Gutschelhofer fest. Und mit den Lebensjahren dazwischen wollen wir nichts zu tun haben. Bildung sollte aber Bestandteil unseres gesamten Lebens sein. Leider werden zu häufig Schlagworte auf der Organisationsebene verwendet, die aber nicht in das politische Bewusstsein dringen. Gutschelhofer gibt weiters zu bedenken: „Wir haben bei den zwei bis drei technischen Universitäten einen hohen Praxisbezug. Dann haben wir eine Masse an Allgemeinuniversitäten. Wir bekommen keinen durchgängigen Zug der Finanzierung zustande. Wir reden von Zielen und Strategien, aber vieles ist uns nicht ganz klar. Wir hätten eine Systemumstellung im Laufe von 5 bis 10 Jahren notwendig.“
Bildung als Chance begreifen.
Wissenschaftsministerin Beatrix Karl berichtet von ihren Erfahrungen aus Asien. Wenn man dort mit Studierenden, Lehrenden und Forschenden spricht, sticht einem der Bildungshunger ins Auge und man hat das Gefühl, dass der Mehrwert von Bildung und Wissen erkannt wird. „Bildung und Wissen sind der Schlüssel in die Zukunft. Bei uns hat man oft den Eindruck, dass es etwas Selbstverständliches ist, oft auch Zwang.“ Sie fordert, dass wir wieder zu dem Punkt kommen müssen, wo junge Menschen die Chancen der Bildung ergreifen. Bildung sollte wieder etwas ganz Besonderes sein. Karl hält fest, dass die gebildeten und gut ausgebildeten Menschen unser wichtigster Rohstoff sind.
Politische Scheuklappen ablegen. Studienplatzfinanzierung einführen.
„Es gibt auch innerhalb der Politik unterschiedliche Auffassungen. Das macht es natürlich schwierig. Ich scheitere an der politischen Realität und an den politischen Scheuklappen. Es ist schwierig mit dem Koalitionspartner über Themen zu verhandeln, die ideologisch besetzt sind“, berichtet die Ministerin. Karl hält fest, dass die Universitäten immer mehr Studierende haben, aber immer weniger Budget. Wir tun aber so, als würden an den Universitäten Kapazitäten keine Rolle spielen. Die Studierendenzahlen steigen, die Forschungsinfrastruktur wird immer teurer. Es gibt eine bestimmte Summe an Geld, je mehr Studenten, umso weniger Geld pro Kopf. Daher würden wir eine Studienplatzfinanzierung brauchen, ähnlich den Fachhochschulen. Karl schlägt vor, dass eine Universität für den Studienplatz einen bestimmten Betrag erhält. Nur muss eben auch definiert werden, wie viele Studienplätze bezahlt werden. „Hier muss man über Kapazitäten reden. Das wäre eine ehrliche Diskussion.“ Jetzt sagen wir, alle sollen kommen und dann wird herausgeprüft. An der Wirtschaftsuniversität Wien beispielsweise gibt es eine 80% drop-out Quote. „Ist es das, was wir wollen?“ fragt Karl.
Fotos: www.camera-obscura.at – Teresa Rothwangl
Zitate:
Josef Smolle: Früher war Bildung das ganz hohe Gut, dass man versucht hat zu erreichen. Das ist für uns schon selbstverständlich geworden. Auch ein toll absolviertes Studium ist heute keine Arbeitsplatzgarantie mehr.
Beatrix Karl: Im Arbeitsprozess wird Leistung oft als uncool gesehen. Ohne Leistungsgedanken wird Bildung nie die Ergebnisse erzielen, die wir als Ergebnis erwarten.
Hans Sünkel: „Stay hungry“ müssen wir unserer Jugend wieder mit auf dem Weg geben. Nicht beginnend mit 18 Jahren, sondern schon sehr viel früher.
Alfred Gutschelhofer: Wir bilden junge Leute bis 25 aus und dann geben wir sie ab. Zur Pension geben wir sie wieder zurück. Dazwischen wollen wir nichts damit zu tun haben.