Dienstalk

Mitdenken. Mitreden. Mitgestalten.

Einkommen ohne Arbeit

Zahlt sich Arbeiten überhaupt noch aus?

(DiensTalk vom 23. März 2010)

Kritiker bezeichnen die Mindestsicherung als soziale Hängematte für Arbeitsunwillige. Sie soll in Zukunft die Sozialhilfe ablösen. Die Befürworter sehen darin hingegen ein Sprungbrett in den Arbeitsmarkt. Sie sei notwendig, um die akute Notlage zu bekämpfen. Hand in Hand mit der Mindestsicherung ist auf Wunsch der ÖVP das Transferkonto bzw. die Transparenzdatenbank bearbeitet worden. Man hofft, damit Doppelgleisigkeiten und Missbrauch zu vermeiden. Wieder ein spannender Ausgangspunkt einer DiensTalk-Diskussion in der Zentrale der Steirischen Volkspartei. Landesgeschäftsführer Mag. Bernhard Rinner konnte als Experten am Podium begrüßen: den Wirtschaftsforscher und Sozialexperten des Wifo, Mag. Alois Guger, den Wiener Meinungsforscher Dr. Peter Hajek sowie den Sozialwissenschafter des Joanneum Research Graz, Dr. Franz Prettenthaler. Durch den Abend führte Dr. Gisela Hopfmüller.

Alois Guger kritisiert: „In Wirklichkeit ist die Debatte um Transferkonto und Mindestsicherung eine Sozialschmarotzerdebatte, nur unter einem anderen Titel. Eine staatstragende Partei darf damit nicht spielen. Sozialmissbrauch passiert mit der Schwarzarbeit und den Schwarzgeschäften, das kann nicht verhindert werden.“ Weiters stellt er fest, dass es auch Armutsgrenzen gibt und fordert ein, dass in unserer reichen Gesellschaft alles getan werden muss, damit Armut verschwindet, denn „Armut vererbt sich. Kinder, die in Armut aufwachsen, werden meist zu wenig betreut. Gut gebildete und situierte Eltern verbringen 30 Prozent mehr Zeit mit Kindern um mit ihnen zu lernen.“

„Wenn die Arbeit weniger wird, wenn die Arbeitslosenversicherung unter Umständen nicht mehr alle erreicht ist es umso wichtiger, auch in Zeiten der Krise ein Netz danach zu haben. Je mehr Menschen es betrifft, umso mehr Menschen kann man dafür interessieren. Der Mittelstand hat gemerkt, dass Gerechtigkeit auch etwas ist, was sie selber betrifft. Wenn man 500 Euro brutto mehr verdient und netto insgesamt weniger verfügbar ist, ist es nicht gerecht.“, konstatiert Franz Prettenthaler. Die Frage der Umverteilung sei ein ständiger Aushandlungsprozess. Das braucht Diskussionen und harte Argumente, aber eben auch Transparenz, fordert Prettenthaler. „Wir haben eine Untersuchung durchgeführt und herauszufinden versucht, wie es Grazer Familien geht, wenn sie sich einkommensmäßig verbessern. Wir haben dabei über den ganzen Einkommensbereich sehr viele Bereiche mit verschiedensten Familiensituationen gefunden, wo ein zusätzlicher Bruttoeinkommensgewinn genau 0 Euro Nettoeinkommensgewinn ausgemacht hat, oder noch perverser: Wo eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern netto noch schlechter ausgestiegen ist“.

Der Wiener Meinungsforscher Hajek hält grundsätzlich fest: „Ich würde die Mindestsicherung vom Transferkonto in der Diskussion grundlegend einmal trennen. Die Mindestsicherung wird schon länger diskutiert, das Transferkonto gibt es erst seit kurzem in der Diskussion. Das Transferkonto ist eine politische Debatte, die die ÖVP ins Spiel gebracht hat. Im Prinzip kann niemand darauf zugreifen und daher kann auch niemand die Daten missbrauchen. Es muss uns bewusst sein, dass wir alle Sozialleistungen kassieren. Ich glaube nicht, dass dies zu einer Neiddebatte beiträgt.“ Hajek hält fest, dass in Zeiten, in denen es den Menschen gut geht die „armen Teufel“ eine Sozialleistung bekommen. „In Krisenzeiten wird hingegen genau Buchhaltung geführt“ und er schlägt vor „In Wirklichkeit sollten die Menschen genau umgekehrt denken.“